Geh deinen eigenen Weg!

„Auch wenn schon Schritte vorgegeben sind, geh deinen eigenen Weg.“ Obwohl ich sehr gerne andere zitiere, stammt dieser Satz zur Abwechslung nicht von einem bekannten Philosophen oder einem großartigen Sportler. Nein. Er stammt von mir selbst. Der Satz ist mir zum Titelbild diese Woche eingefallen. Eigentlich zu einem Insta-Posting. Einfach so. Weil’s gerade passt. Und weil es mein Jahr perfekt beschreibt. Wie aufmerksame Leser wissen, analysiere ich gerne. Hinterfrage mich und meine Umwelt. Das ganze Jahr über und zum Jahresende noch viel mehr. 2018 ist fast Geschichte. Was war das für ein Jahr?

Keine Sorge das wird kein „Das waren meine Läufe“-Jahresrückblick. Gähn. Wer mein Jahr verfolgt hat weiß, dass es kein einfaches war. Es gab Höhen und Tiefen. Und es gibt ein Happy End. Dazu beigetragen hat „geh deinen eigenen Weg“.

Goodbye Frontrunner

Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der keine Schnellschüsse macht. Auch wenn der Bauch schon lange Nein sagt, der Kopf ist immer noch zu vernünftig und bestimmt mit „Aber was wenn…“ den Alltag. Erst nach langem Hin und Her wird er überstimmt und das Bauchgefühl setzt sich durch. 2018 hat mein Bauchgefühl mehr denn je über meinen Kopf gesiegt. Gut so.

Begonnen hat mein Jahr der Veränderung mit meinem freiwilligen Ausstieg bei den Asics Frontrunnern. Ein Jahr war ich dabei. Das Bauchgefühl hat schon länger gesagt: „Geh!“ Monate später war schließlich auch der Kopf überzeugt: „Geh deinen eigenen Weg!“ Im Nachhinein gesehen war es die einzig richtige Entscheidung. Denn wer nicht mit vollem Herzen bei der Sache ist, sich nicht ganz und gar damit identifizieren kann, sollte das Feld räumen und Platz für jemand anderen machen.

Hallo 10k Challenge

Auch laufmäßig brachten die ersten Monate eine Veränderung mit sich. Das Ziel Marathon wurde durch die 10k Challenge ersetzt – es sollte eine neue Bestzeit beim Frauenlauf am 27. Mai werden. Ich wusste, dass es tatsächlich eine Challenge werden würde. Aber dass es so hart werden würde, damit hatte ich nie und nimmer gerechnet. So gerne ich laufe, aber Speed und ich sind nicht die dicksten Freunde. Um meine Grundschnelligkeit ist es nicht zum Besten bestellt. Je kürzer die Distanz, umso verhältnismäßig langsamer bin ich. Das sollte sich ändern. Weil ich es einfach nicht mehr hören konnte: „Du MUSST auf den Unterdistanzen schneller werden.”

Die vier Monate von Februar bis Ende Mai hatten es in sich. Trainieren nach Plan war mir nicht neu. Ich mag Vorgaben, liebe es mich zu quälen. Aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Während sich anfangs Erfolge abzeichneten und ich tatsächlich schneller wurde – ich rede von 200 und 400 Metern – stieg proportional zu den länger werdenden Tempoeinheiten der Frust. Mein Ziel stimmte mit den Zielvorgaben nicht überein. 800er, 1000er, 2000er – die Vorgaben ließen sich nicht einmal annähernd erfüllen. Wer 20 Sekunden am Kilometer über Sollvorgabe läuft, kann nicht motiviert bleiben. Dass am Ende der Challenge nicht die Pace meine größte Sorge sein sollte, wusste ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht…

Also strudelte ich mich mit utopischen Vorgaben weiter ab. Spaß? Der ging flöten und war am Ende so gut wie gar nicht mehr vorhanden. Währenddessen hatte sich mein Bauchgefühl oft genug zu Wort gemeldet: „Was machst du da eigentlich? Hör doch einfach auf!“ Der Kopf war jedoch immer noch bestimmend: „Du MUSST schneller werden! Sagen alle. Du MUSST diese Zeit laufen! Du bist da jetzt dabei, also MUSST du!“ Es war ein viermonatiger, harter Lernprozess, der sich am Ende aber ausgezahlt hat. Nicht bei der Zeit – ich lief meinen schlechtesten 10er seit Jahren – aber beim Finden zu mir selbst. Um es damals wie heute mit den Worten von Pizzera & Jaus zu sagen: „An Scheiß muass i!“

Zurück zum Marathon

Über den Irrweg 10k Challenge habe ich schließlich in diesem Jahr wieder zu dem gefunden, das mir mit Abstand die meiste Freude macht, worin meine wahre Leidenschaft liegt: Marathon.

Berlin und Valencia. Zwei Mal 42,195 Kilometer binnen zweieinhalb Monaten. Der eine gab mir die nötige Sicherheit, der andere brachte mir nach zwei Jahren eine neue Bestzeit. Egal ob PB oder nicht, der Gefühlsrausch bei einem Marathon kann mit keinem Geld der Welt gekauft werden. Ich muss immer heulen. Davor, danach aber auch unbeteiligt als Zuseherin vor dem Fernseher. Eigenartig was diese Distanz in mir auslöst. Nicht die tollste Zeit bei der 10k Challenge oder einem anderen 10 km Lauf könnte dies jemals hervorrufen, geschweige denn toppen. Ich möchte diese Emotionen nicht missen und bin unendlich dankbar dafür, dass es dieses Jahr gleich zwei Mal mit einem glücklichen Finish geklappt hat.

Wer nicht wagt…

2018 war nicht nur läuferisch gesehen ein Jahr der Veränderung. Auch beruflich wagte ich nach langem Hin und Her den mir bekannten und sicheren Weg zu verlassen. Nach fünf Jahren heißt es „Goodbye Kurier“. Mein Bauchgefühl sagte schon lange, dass es da noch mehr für mich gibt. Dass ich mehr Magazin-Schreiberin, als eine chronikale Tageszeitungsjournalistin bin. Der Kopf hatte mich über ein Jahr lang zurückgehalten. „Das kannst du doch nicht machen. Was ist, wenn…?!“ Soll ich, soll ich nicht. Ich sollte bzw. wollte und setzte alles auf eine Karte. Die Zweifel waren groß, aber „ich werde etwas anderes finden“, war ich überzeugt.

Auch wenn es keinesfalls leicht war, ich habe nie aufgegeben und schlussendlich sollte das Bauchgefühl recht behalten. Denn es läuft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als Redakteurin von „Läuft“, dem Magazin von laufen.de, gibt es zukünftig mehr übers Laufen von mir zu lesen, als nur persönliche Blogbeiträge. Die Freude darüber trug mich über so manch schweren Kilometer beim Valencia Marathon. Ich hatte beruflich mein Ziel erreicht. Das beflügelte mich auf der Strecke und brachte die erhoffte Punktlandung.

…der nicht gewinnt

„Auch wenn schon Schritte vorgegeben sind, geh deinen eigenen Weg.“ Ich bin ihn gegangen. Habe mich 2018 von einigen Dingen verabschiedet, losgelassen und dabei etwas ganz Großes für mich entdeckt: Gelassenheit. „Die Erfüllung liegt im Tun, nicht im Ziel.“ Mein Lieblingszitat in diesem Jahr. Es stammt von Mentaltrainer Harald Pachner. Ich bin nach wie vor eine, die ambitioniert ihre Ziele verfolgt. Doch die Zukunft entscheidet nicht über das Glück in der Gegenwart. Bevor ich zu philosophisch werde: Das Hier und Jetzt ist wichtig. Ich liebe das Laufen. In dem Moment, wenn ich die Laufschuhe anhabe. Dieses kleine Glück ist nicht davon abhängig, welche Zeit dann tatsächlich am Tag X auf der Uhr steht und auch nicht davon, was einmal war. Wie oft habe ich zurückgeschaut, Trainings verglichen, mich mit mir selbst gemessen: „Damals war das so und so…”

Gelassenheit. Damit habe ich den Schlüssel zu meinem größten Erfolg in diesem Jahr gefunden: Zufriedenheit. „Laufe nicht der Vergangenheit nach und verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt”, lautet eine Lebensweisheit. Sorgen und Ängste wird es auch weiterhin in meinem Leben geben. Doch die Zukunft bestimmt nicht das Glück der Gegenwart. Heute bin ich glücklich. Was morgen ist, kann niemand sagen. In diesem Sinne: Frohe Feiertage und ein glückliches neues Jahr!

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