Ein Profi am laufenden Band

Bäh. Schnee wurde ja vorhergesagt, aber so viel?! Wenn es etwas gibt, das Wiener in zwei Lager teilt, dann ist es Schnee. Bei den einen lösen ein paar Flöckchen wahre Kreischorgien „Jö schau, es schneit!“ aus, bei den anderen erreicht der Grantlevel von „Ich hasse Winter“ seinen Höhepunkt. Ich gehöre zur zweiten Kategorie. Ich mag Schnee. Ja. Aber bitte nur dort, wo er hingehört und weiß bleibt – auf dem Land.

Montag kurz nach 6 Uhr. Da war sie also, die weiße Pracht. Tja, wird ja nicht viel sein und sicher ist auch schon geräumt, denke ich und ziehe mir die Laufschuhe an. Doch weit gefehlt. Die Streuwagen fahren zwar fleißig, aber wie der Name verrät – zum Salzstreuen. Geräumt wird irgendwann und so verwandelt sich die ach-so-schöne-weiße-Pracht in grau-schwarzen Matsch. Bäh.

Kaum war ich unterwegs, hat es dann wieder zu schneien begonnen. So richtig. So, wie ich es in Wien bisher selten erlebt habe. Und wenn, dann habe ich dem Schneeflockentreiben aus sicherer Entfernung von drinnen zugesehen. Nicht an diesem Montag. Ich konnte kaum etwas sehen, aber egal, denn die Stammstrecke kenne ich auch im Blindflug.

Ich hatte an diesem Montag nur einen lockeren Lauf am Plan. Alles andere wäre bei den Bedingungen zum Vergessen gewesen und hätte keinen Sinn gemacht. Von dem her war es egal. Dennoch war es in den vergangenen Wochen oft schwierig das Training so zu timen, dass das Wetter halbwegs mitspielt. Wird man nicht gerade eingeschneit, wird man vom Wind verweht. „Dann gehst halt aufs Laufband“, bekomme ich dann von meinem Trainer zu hören, wenn ich wieder einmal über den Wind jammere (das kann ich besonders gut). Laufband? Nie und nimmer. Dann lieber Trainingstage tauschen oder bei Sturmböen die Zähne zusammenbeißen. Laufband heißt für mich nur eines: mehr Bäh geht nicht! Egal ob Easy-Pace oder Intervalle: Laufband kommt im Unbeliebtheitsranking noch vor Wind. Und das heißt was.

Laufen im Wohnzimmer

Aber genug von mir. In diesem Beitrag soll es nämlich gar nicht um mich, sondern um jemanden gehen, der nicht drum herumkommt, seine Trainingseinheiten am Laufband abzuspulen. Zum einen, weil es die äußeren Bedingungen nicht zulassen und zum anderen, weil es bei ihm, im Gegensatz zu mir, nicht egal ist, ob er Trainingstage tauscht oder es auch mal lockerer angehen lässt. Ich staune immer wieder, wenn ich auf Strava sehe, wie viel Zeit der Mann auf dem Laufband verbringt. Das hat mich schließlich auf die Idee gebracht, nachzufragen, was ihm denn dabei durch den Kopf geht, wenn er, so wie diese Woche, zig Kilometer am Bandl verbringt. Die Rede ist von Marathonprofi Peter Herzog.

Bei der Leichtathletik-EM in Berlin im vergangenen Jahr belegte er mit einer Zeit von 2:15:29 den zehnten Platz unter den schnellsten Marathonläufern Europas und sicherte sich damit gemeinsam mit Lemawork Ketema und Christian Steinhammer die Bronzemedaille im Teambewerb. Derzeit bereit sich der 31-jährige Pinzgauer (Salzburg) auf den Vienna City Marathon (VCM) am 7. April vor. Wie er es aushält, Stunden am Laufband zu verbringen, wie seine Marathonvorbereitung läuft und wo er sich Druck macht, hat er mir verraten:

RUNNA: Du verbringst jede Woche Stunden am Laufband. Wie schaffst du es, dich Tag für Tag dafür zu motivieren?

PETER HERZOG: Aufgrund unserer Winter im Pinzgau habe ich mir ein Laufband für meine Wohnung gekauft. Es wäre sonst teilweise unmöglich gute Qualität ins Lauftraining zu bekommen. Es fällt mir aber nicht immer leicht aufs Laufband zu steigen! Meistens sind die ersten Minuten die pure Qual, dann verfällt man aber oftmals, nicht immer, in eine Art Lauf-Trance. Wenn das der Fall ist, kann ich mich ohne größere Überwindung über zwei Stunden auf dem Laufband aufhalten und mich dort auch richtig quälen. Es ist für mich auch eine Art des mentalen Trainings. Das Geniale am Laufband ist, dass du die intensiven Einheiten sehr genau kontrollieren kannst.

Wie zufrieden bist du mit der bisherigen Vorbereitung auf den VCM, läuft alles nach Plan?

Die letzten Wochen waren kilometertechnisch nicht sehr umfangreich, da mich kleinere gesundheitliche Probleme geplagt haben. Diese Woche werden es ca. 190 Kilometer. Bis jetzt läuft das Training für den VCM 2019 noch nicht zu 100 Prozent. Ich fühle mich aber von Woche zu Woche stärker und bin überzeugt, dass ich am 7. April eine tolle Form haben werde. Ich spreche sehr viel mit meinem Trainer Peter Bründl übers Training und halte mich auch so gut es geht an seine Vorgaben.

Bereust du es, dass du nicht schon früher zum Laufsport gekommen bist?

Nein, da ich meine vorherige sportliche Vergangenheit nicht missen möchte. Mein größter Erfolg ist sicherlich der Weg, den ich seit 2016 einschlagen habe dürfen. Seit 2016 habe ich mich immer mehr und mehr dem Laufsport verschrieben und da enorme Leistungssteigerungen mitnehmen dürfen. Das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich sehr dankbar. Die EM war dann natürlich die Krönung!

Wie gut kannst du mit den Erwartungshaltungen und dem Druck umgehen, dass am 7. April alle Augen auf dich und deine Teamkollegen gerichtet sind? 

Ich mache mir im Training immer mehr Druck als im Wettkampf. Da sind die Nächte vor wichtigen Einheiten oft unruhiger als vor einem wichtigen Wettkampf. Wenn ich für einen Wettkampf gut trainiert habe, dann brauche ich nicht nervös sein. Also, wenn ich gut vorbereitet bin, dann freue ich mich so richtig auf den 7. April und das Aufeinandertreffen mit den Teamkollegen.

Stichwort Teamkollegen. Die anderen sind in Wien und können auch gemeinsam trainieren. Vermisst du das bzw. siehst du es als Nachteil, dass du so weit weg bist? 

Ich war gerade für 19 Tage mit Christian Steinhammer in Spanien, da haben wir sehr gut gemeinsam arbeiten können. Zum größten Teil trainiere ich aber natürlich zuhause alleine. Manchmal wäre es schon fein starke Trainingspartner an meiner Seite zu haben. Ich rede mir aber immer ein, alleine laufen macht mich stark.

Bist du eigentlich immer motiviert fürs Training?

Ich denke jeder Mensch durchlebt Null-Bock-Phasen, die gehören dazu. Es kann nicht immer alles toll sein und immer nur bergauf gehen. Genau das macht dann einen Erfolg aber umso wertvoller und emotionaler.

Hast du vor dem VCM noch einen Wettkampf geplant?

Nächstes Wochenende gehe ich beim Barcelona Halbmarathon an den Start. Werde mich aber etwas zurückhalten, da die letzten Wochen im Training noch nicht ganz optimal waren. Wird eher ein gutes Tempotraining werden.

Zum Abschluss: Viele Hobbyläufer bereiten sich auch gerade auf einen Frühjahrsmarathon vor. Hast du einen Tipp?

Sich ruhig und gleichmäßig im Training steigern, auch wenn es nicht immer leicht und nach Wunsch geht. Gute Arbeit wird belohnt!

Übrigens ist Peter Herzog nicht nur in seinem Wohnzimmer oder in der Gegend rund um Saalfelden laufend anzutreffen, sondern auch immer wieder auf verschiedenen Laufstrecken in ganz Österreich, wo man sich mit ihm matchen kann. „Beat the Pete“ heißt die Challenge, bei der jeder Hobbyläufer versuchen kann, auf einer festgelegten Strecke schneller zu sein, als der Profi. Mehr Infos zu Peter und der Challenge gibt’s auf seiner Instagram Seite und auf Facebook.

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